Sicherheitssysteme werden von Timo Kasper und David Oswald auf Herz und Nieren geprüft.
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Bauelemente 2019-10-28T14:12:43Z „Wir finden Sicherheitslücken“


Timo Kasper: Die Sache mit VW war zwar spektakulär, aber nicht der eigentliche Einstieg in die Branche. Der erfolgte im Rahmen unserer wissenschaftlichen Arbeit, als wir lange vor unserer Unternehmensgründung eine Publikation zum Thema Garagentorsicherheit veröffentlichten. Das funkbasierte elektronische Schließsystem war mit der „KeeLoq“-Verschlüsselung des amerikanischen Anbieters Microchip ausgestattet. Wir fanden die Schwachstellen des Systems und zeigten auf, wie leicht es sich überwinden ließ. Dementsprechend schlug unsere Veröffentlichung Wellen, die wir so nicht erwartet hatten – übrigens auch bei Microchip. Auf jeden Fall wurde damals die Tür- und Tor- beziehungsweise Schloss-, Beschlag- und Sicherheitsbranche auf uns aufmerksam. Heute sind wir mit so gut wie allen namhaften Anbietern im Gespräch und sehen unsere Aufgabe vor allem darin, die Elektronik und die Mechanik der Schließsysteme perfekt miteinander zu „verheiraten“, um so ein Höchstmaß an Sicherheit zu erreichen.

Kasper: Die Kundenwünsche sind sehr unterschiedlich. Aber oft werden wir um eine Schwachstellenanalyse gebeten, denn ein elektronisches Schließsystem sollte niemals leichter zu überwinden sein als eine mechanische Lösung. Ein Problem gibt es immer, wenn die Systeme bereits im Markt sind und wir dann praktisch im Nachgang die Schwächen herausfinden sollen. Daher ist es besser, IT-Spezialisten bereits in einer sehr frühen Phase der Produktentwicklung mit einzubeziehen. Oft ist unser Know-how aber auch gefragt, wenn es um Produktpiraterie geht. In dem Fall sollen die elektronischen Systeme einen höchstmöglichen Schutz vor Hackerangriffen bieten, damit sie nicht von irgendwelchen Billiganbietern kopiert werden können.


Kasper: Ein ganz wesentlicher Punkt bei der Elektronik ist, dass wir nicht sehen können, was passiert. Alles, was in elektronischen Systemen abläuft, ist im Gegensatz zur Mechanik für das menschliche Auge unsichtbar. Wenn Anwender nicht um die möglichen Schwächen der Systeme wissen, führt es oft dazu, dass sie nicht korrekt verschlüsselt sind oder die RFID-Desfire-Chipkarten nicht richtig aktiviert wurden. Elektronische Systeme sind so leicht zu überwinden, denn grundsätzlich lassen sich Funksignale über größere Entfernungen abfangen, und Seriennummern können praktisch von außen mitgelesen werden. Doch mit einer guten mathematischen Verschlüsselung und einer Absicherung der Elektronik bieten die Schließsysteme eine extrem hohe Sicherheit, und genau dies ist die Überlegenheit der Technologie. Als sicher gilt heute allgemein der Verschlüsselungsstandard AES (Advanced Encryption Standard)...
Das ganze Interview mit Dr. Timo Kasper zu AES, Finger- und Irisscan, als auch das Einbinden von Smartphones in das Sicherheitssystem lesen Sie in der Ausgabe 09.2019 von Schloss+Beschlagmarkt.

zuletzt editiert am 24. August 2020