Marion und Martin Kilian leiten die Geschäfte des Münchener Schlüsseldienstes. Die Geschwister freuen sich, die Verantwortung teilen zu können.
Marion und Martin Kilian leiten die Geschäfte des Münchener Schlüsseldienstes. Die Geschwister freuen sich, die Verantwortung teilen zu können. (Quelle: Redaktion/kosi)

Fachhandel 2020-10-13T22:00:00Z Dahoam samma do

Ob vor Ort oder in den sozialen Medien: Beim Münchener Schlüsseldienst Kilian merkt jeder sofort, dass das Herz nicht nur für das Thema Sicherheit und das eigene Unternehmen pocht, sondern auch für die Stadt München. Doch das fällt manchmal schwer, wenn die Stadt einen ärgert, was selbst in der bayerischen Landeshauptstadt vorkommen soll, wie die Schloss + Beschlagmarkt-Redaktion bei einem Besuch erfahren hat.

„Wir wollen hier am Standort in der Stadt bleiben, auf jeden Fall. Die Nähe zur Innenstadt ist wichtig, die Präsenz. Unterschiedliche Hausverwaltungen haben hier in der unmittelbaren Nähe ihre Büros, und deren Mitarbeiter schätzen den kurzen Weg zu uns. Ein Unternehmen auf der grünen Wiese wäre für sie einfach nicht so gut erreichbar“, erklären Marion und Martin Kilian die Vorzüge ihres 500 Quadratmeter großen Refugiums in der Fraunhoferstraße 1, Ecke Müllerstraße – dort, wo die Isarvorstadt beginnt.

Doch die Stadt München ärgert das Unternehmen und die Kunden seit einiger Zeit, weil die Parkplätze vor der Tür für Radwege weichen mussten. „Wenn hier nun eine größere Lieferung ankommt oder ein Kunde etwas abholen möchte, ist einfach kein Platz für den kurzen Halt da“, erläutern die Kilians die aktuelle Situation. Doch die beiden engagierten Unternehmer sind nicht untätig geblieben. Eine Lösung, mit der alle Beteiligten gut leben könnten, hatten die Geschwister recht schnell kreiert und der Stadt als Vorschlag unterbreitet: Die Fraunhoferstraße zur Tempo-30-Zone mit Bäumen am Straßenrand umwandeln, einen Teil des breiten Bürgersteigs für Parkbuchten abzweigen, sodass Radfahrer weiterhin ihre eigene Spur haben – das ginge nach Ansicht der Geschwister. „Gut, das dauert jetzt natürlich, bis die Stadt aktiv wird und sich hier wieder was ändert, aber wir bleiben dran“, lächelt Marion Kilian zuversichtlich, die selbst meist mit dem Rad zur Arbeit kommt.

Mehr als 70 Jahre

Dort, wo der Münchener Schlüsseldienst immer war, seit mehr als 70 Jahren. Das Unternehmen wurde 1949 im selben Haus durch Georg Ramstöck als Einzelhandel mit Schlüsseln und Schlössern, Eisenwaren, Haushaltswaren, Armaturen gegründet, hieß bereits damals „Münchener Schlüsseldienst“, ist von seinen Anfängen bis heute am selben Platz beheimatet und wächst über die Jahre stetig. 1964 übernahmen Rudolf und Anneliese Kanefzky das Unternehmen und bauten es zum zweitgrößten Schlüsseldienst in München aus.

Seit 1989 befand sich das Unternehmen in den Händen des Ehepaars Monika und Willi Kilian, die es ebenfalls auf Wachstumskurs hielten. Jeder Winkel im Geschäft sowie der anhängenden Werkstatt, dem Lager und der Verwaltung wurde genutzt und schließlich auf die Räume im benachbarten Haus ausgeweitet. Die Kilians spezialisierten sich auf den Verkauf von Sicherheitseinrichtungen, Schließanlagen und Schlüsseln aller Art. Noch heute verfügt das Familienunternehmen nicht nur über einen großen Fundus historischer Schlösser, sondern auch über ein vielseitiges Rohlingsprogramm mit über 100 000 Rohlingen. „Wir machen alles an Schlüsseln, was man darf“, erzählt Willi Kilian schmunzelnd, der sich kurz zum Gespräch dazugesellte. Er weiß so einiges zu berichten, unter anderem dass 1997 ein Herr Simons und ein Herr Voss zu Besuch kamen, um sich mit ihm über Erfahrungen im Bereich der Schließplanerstellung auszutauschen.

Doch zurück zum Münchener Schlüsseldienst, der sich unter der Leitung der Kilians über die Stadtgrenzen hinaus einen Ruf als Schlösserspezialist erworben hat. Die entsprechende Fachberatung, die Planung, Projektierung, Ausführung, Montage, Pflege, Reparatur und Wartung von Sicherheitseinrichtungen sowie der entsprechende Kundendienst gehören auch heute noch zum Erfolgsrepertoire der Münchener.

Dass die Kilians den Schlüsseldienst so erfolgreich erweitern konnten, hatte einen triftigen Grund: Sie waren lange Jahre beim Beschlaggroßhändler Schubert in München tätig und sind damit vom Fach. Als Willi Kilian Ende der 1980er-Jahre seinen Schreibtisch bei Schubert räumte, wollte sein damaliger Auszubildender Thomas Völtl um jeden Preis mit. Und er kam mit und ist bis heute Teil des Teams, mittlerweile als Prokurist.

Geschwisterliche Verantwortung

Anfang 2004 übernahmen schließlich die Kinder der Kilians die Geschäftsführung. Praktische Erfahrungen sammelten Marion und Martin neben ihrer Tätigkeit im elterlichen Betrieb auch durch Praktika, die sie unter anderem bei Evva in Wien oder bei Winkhaus in Münster absolvierten. Eigentlich hatte die zehn Jahre vor Martin geborene Marion gedacht, dass sie nach ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau mit dem Schwerpunkt EDV bei den Stadtwerken München weiterhin dort bleibe. Doch dann ergatterte sie einen der raren BWL-Studienplätze in ihrer Heimatstadt, „und danach hat es sich einfach angeboten, hier einzusteigen“, sagt die in sich ruhende Geschäftsfrau.

Ihr Bruder Martin wollte als Jugendlicher eigentlich Pilot werden, ist dann durch sein Studium zum Wirtschaftsingenieur aber doch im heimischen Betrieb gelandet und froh darüber. „Wir sind auch glücklich, dass wir beide hier tätig sind. So ist die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt, und wir können uns immer gut gegenseitig vertreten“, berichtet Martin Kilian über die personelle Situation, und Marion nickt sichtlich zufrieden.

Im Jahr 2013 schließlich übertrugen Monika und Willi Kilian ihren Kindern ihre Firmenanteile. Ganz raus sind die beiden Senioren dennoch nicht. Mit 76 Jahren führt die Mutter als Urlaubsvertretung immer noch die Bücher des Unternehmens, und wenn im Laden sehr viel zu tun ist, hilft der 77-jährige Willi gern noch aus. Außerdem sind die beiden auch noch offiziell dabei, sie als Prokuristin und er als Geschäftsführer.

Am 1. Februar 2019 feierte der Münchener Schlüsseldienst sein 70-jähriges Bestehen. An diesem Tag erhielten viele Kunden und Lieferanten einen Einblick hinter die Kulissen der seit 2017 erweiterten Geschäftsräume im Stammhaus Fraunhoferstraße 1, Ecke Müllerstraße. Und das war sehr interessant, denn die Kilians haben sich alle Mühe gegeben, so viel ursprüngliche Elemente des fast 200 Jahre alten Eckhauses wieder herzustellen oder zu erhalten: angefangen von grob behauenen hölzernen Türrahmen bis hin zur Fassadengestaltung mit Heiligenfigur auf der Ecke. Zur Erbauung wurde dort eine Marienfigur angebracht. Hier erlaubten sich die Kilians die „künstlerische Freiheit“ und ließen eine 1,20 Meter hohe Petrus-Figur aufstellen, die – wie jeder in der Schloss- und Beschlagbranche weiß – traditionell mit Schlüsseln in der Hand (Schlüssel zum Himmelreich) dargestellt wird.

Schlossermeister Georg Roth ist, wie seine 32 Kolleginnen und Kollegen auch, mit Leidenschaft bei der Arbeit dabei.
Schlossermeister Georg Roth ist, wie seine 32 Kolleginnen und Kollegen auch, mit Leidenschaft bei der Arbeit dabei. (Quelle: Redaktion/kosi)

Den liebevollen Einsatz für das heutige Erscheinungsbild wissen sicher auch die Anwohner zu schätzen. Es ist aber auch ein Symbol für den Führungsstil des Unternehmergeschwisterpaares und seiner Eltern. Sie führen zusammen einen Betrieb, in dem sich alle 33 Mitarbeiter wohl fühlen, wie beispielsweise Schlossermeister Georg Roth, der seit 21 Jahren mit Leidenschaft bei der Sache ist. Er partizipiert davon, dass die Kilians im Haus weiter mehr Wissen aufbauen wollen, regelmäßig Schulungen stattfinden und jeder qualifiziert wird, gut sondieren zu können, bei welchen Kundenanforderungen welcher Hersteller das richtige Produkt liefert oder wie was miteinander kombiniert werden kann, um das Optimale zu liefern.

Das ist wohl auch der Grund, warum der Umsatz stetig wächst: Von sechs Millionen im Jahr 2018 auf 7,3 Millionen im Jahr 2019. Über den Corona-bedingten Shut-down hat sich sicher niemand gefreut, aber bei den Kilians ist der Verlust bislang nicht so groß, dass er ein Minus verursacht. „Wir sind zuversichtlich, dass wir das Vorjahresniveau halten können“, sagt Martin Kilian.

Um weiter zu wachsen, will sich das Unternehmen mehr als bisher auf den Elektronikbereich fokussieren. Dieser macht bislang 60 Prozent des Umsatzes aus. Dafür braucht es Fachkräfte, die die Kilians auch gern selbst ausbilden. Gute Chancen haben aber auch Monteure, die mechanisch versiert und offen für elektronisches Wissen sind.

Ausgezeichneter Betrieb

Das Unternehmen ist aufgenommener Handwerksbetrieb im aktuellen Errichternachweis „Mechanische Sicherungseinrichtungen“ des Bayerischen Landeskriminalamtes. Seit Juli 2018 ist das Unternehmen weiterhin nach DIN EN ISO 9001:2015 zertifiziert. Ebenso wurde dem Schlüsseldienst vom Handelsverband Bayern mehrmals das Qualitätszeichen „Ausgezeichnet Generationenfreundlich“ verliehen. So gab es eine Reihe an Würdigungen. Besonders stolz ist die Familie auf den Qualitätspreis des Freistaates Bayern. Außerdem ist Martin Kilian seit knapp einem Jahr in den Senat der Wirtschaft berufen worden. Das gelingt nur über Empfehlungen – diese kam unter anderem vom Gründer der Gesundheitsplattform Profession Fit, Bernhard Schindler.

Im Fachverband Interkey ist das Unternehmen seit 2006 Mitglied und Marion Kilian seit 2011 dort im Vorstand tätig. In der Summe zieht der Münchener Schlüsseldienst Kilian so viel Aufmerksamkeit auf sich, dass der Verleger Florian Langenscheidt das Unternehmen nicht übersehen konnte und es daher dieses Jahr in seine neue Auflage des „Lexikon der Deutschen Familienunternehmen“ aufnimmt.

zuletzt editiert am 17. November 2020