Interkey-Fachtagung in Bremerhaven.
Lockere Arbeitsatmosphäre bei der Interkey-Tagung in Bremerhaven. (Quelle: Interkey)

Veranstaltungen 2025-09-15T22:00:00Z Interkey-Fachtagung in Bremerhaven

Mit über 180 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie rund 90 vertretenen Unternehmen aus dem „Branchenglobus“ der Sicherheitstechnik fand die diesjährige Interkey-Jahrestagung in Bremerhaven statt. Mehr als 30 Partner, Aussteller und Mitwirkende bereicherten die Veranstaltung mit Fachbeiträgen, Produktpräsentationen und Diskussionsangeboten, sagt Interkey-Geschäftsführer Denis Masur.

Die Veranstaltung zeigte deutlich, wie hoch der Bedarf an Austausch, Vernetzung und gemeinsamer Orientierung ist. Mit einer bewusst offen gestalteten Struktur und vielen Gelegenheiten zum Gespräch konnte der Fachverband genau hier ansetzen. Das vielseitige Programm bot zahlreiche Anknüpfungspunkte – von betrieblichen Herausforderungen bis hin zu übergeordneten Fragestellungen: Wohin entwickelt sich die Sicherheitstechnik? Wie können Unternehmen sich zukunftsfest aufstellen? Und welche Kooperationen könnten hilfreich sein, um bestehende Herausforderungen zu meistern?

Sicherheitsmarkt stabiler als gedacht

Anders als der Bau- oder Baubeschlagbranche insgesamt, geht es der Sicherheitsbranche in Deutschland insgesamt noch recht gut. Zu diesem Ergebnis kam der BHE Bundesverband Sicherheitstechnik e. V. in seiner Frühjahrs-Konjunkturumfrage. Befragt nach Schulnoten, bewerteten die befragten Fachfirmen die Geschäftslage mit der Schulnote 2,09 und damit auf ähnlichem Niveau wie im Herbst 2024 (2,06).

Rund 75 Prozent der Betriebe beurteilen ihre Marktsituation als „gut“ beziehungsweise „sehr gut“. Allerdings ist der Anteil an Firmen, die ein schlechtes Lagebild zeichnen, im Vergleich zum Herbst 2024 von 1 Prozent auf fast 4 Prozent angestiegen. Als „sehr schlecht“ beurteilt kein Unternehmen die derzeitige Situation. Beim Blick in die einzelnen Kundengruppen zeigt sich ein gemischtes Bild. Der Privatsektor wird mit einem Wert von 2,95 leicht besser bewertet als bei den letzten Erhebungen (Herbst 2024: 3,08), bleibt jedoch auf moderatem Niveau. Die Auftragslage bei den Gewerbekunden wird seit Frühjahr 2024 unverändert mit 2,2 angegeben. Deutlich rückläufiger zeigt sich jedoch die Geschäftslage im öffentlichen Bereich: mit der Note 2,67 wird das schwächste Ergebnis der letzten zehn Jahre erzielt.

Leichter Aufwind beim Zutritt

Auch in den einzelnen Fachsparten sind unterschiedliche Tendenzen erkennbar. Die Brandmeldetechnik (1,96; Herbst 2024: 2,03) und die Zutrittssteuerung (2,16; Herbst 2024: 2,27) erfuhren einen leichten Aufschwung, ebenso wie die mechanische Sicherungstechnik (2,57 gegenüber 3,00 im Herbst 2024) und die Perimetersicherheit (von 2,33 auf jetzt 2,00). Die Einbruchmeldetechnik hält sich mit einer Note von 2,40 stabil auf gutem Niveau (Herbst 2024: 2,41). Leicht rückläufig hingegen waren die Videosicherheit (2,31 gegenüber 2,24 im Herbst 2024), die Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (2,16; Herbst 2024: 2,00) und die Sprachalarmierung (2,29 gegenüber 2,22). Auch für die nähere Zukunft blicken die Errichter mit etwas mehr Zuversicht als in den vorherigen Umfragen entgegen. Die Note 2,20 ist der beste Wert seit der Herbst-Umfrage 2021.

Unverändert angespannt bleibt die Personalsituation im Sicherheitsmarkt. Über 60 Prozent der Betriebe planen, neue Mitarbeiter einzustellen. Nur ein Prozent der Unternehmen rechnet mit einem Abbau von Personal, 38 Prozent möchten den aktuellen Personalstamm halten.

Im Gespräch

Wir wollten wissen, ob Interkey-Mitglieder die Situation ähnlich bewerten und haben mit Petra Neubert, Schlüssel Bernhardt e. K. in Freudenstadt, Stefan Manderscheid, SM Schloss + Schlüssel GmbH in Köln sowie Christian Huber, Huber Schließtechnik GmbH & Co. KG in Freising, drei Verantwortliche befragt.

Im Mai veröffentlichte der BHE einige Zahlen zur Situation des Sicherheitsfachhandels in Deutschland, die alles in allem zufriedenstellend sei. Deckt sich dies mit der Entwicklung Ihres Unternehmens oder haben Sie auch so etwas wie eine Krise gespürt?

Petra Neubert: Ja, das deckt sich absolut mit unseren Erfahrungen. Zum Glück gab und gibt es bei uns im Business bisher keine Krise.

Christian Huber: Natürlich spüren wir über Kunden und Partner, dass die allgemeine Lage herausfordernd ist. Uns selbst hat das bisher zum Glück nicht direkt getroffen, eher ist die Nachfrage für unseren Bereich stabil, teils sogar wachsend, so dass wir mit der Entwicklung unseres Unternehmens insgesamt zufrieden sind.

Stefan Manderscheid: Das Gegenteil ist eher der Fall. Die vergangenen drei Jahre konnten wir Umsatzsteigerungen von bis zu 30 Prozent verzeichnen. Dieses Jahr lief anfangs etwas verhaltener an und tendierte auf einem eher „normalen Niveau“, aber insgesamt betrachtet sehen die Zahlen schon wieder sehr gut aus.

Wie groß ist Ihr Unternehmen (Zahl der Mitarbeitenden) und was sind die Kernkompetenzen?

Petra Neubert: Wir haben drei Mitarbeitende in Vollzeit und drei weitere in Teilzeit beschäftigt. Unsere Schwerpunkte sind mechanische und elektronische Schließanlagen, die Absicherung von Gebäuden, Reparaturen von Türschlössern und natürlich das Geschäft mit Nachschlüsseln und Zylindern.

Christian Huber: Wir beschäftigen derzeit 17 Mitarbeiter. Unsere Kernkompetenzen sind die digitalen- und mechanischen Schließanlagen, Zutrittskontrollen, Funk-Alarmanlagen, Videoanlagen sowie die Flucht- und Rettungswegtechnik. Selbstredend gibt es noch ein paar ergänzende Produktbereiche.

Stefan Manderscheid: Wir beschäftigen sechs Vollzeitkräfte und vier Aushilfen. Unsere Kernkompetenz liegt mittlerweile ganz klar in der Elektronik. Hier planen, projektieren und montieren wir komplexe Zutrittskontrollen und Alarmanlagen. „Nebenbei“ machen wir natürlich auch noch kleine und große mechanische Schließanlagen, diese hauptsächlich in der Eigenfertigung.

Kommen Ihre Kunden überwiegend aus dem privaten Bereich oder sind es eher Objektkunden?

Petra Neubert: Für unser Geschäft kann man eigentlich sagen, dass es sich die Waage hält.

Christian Huber: Ein klares sowohl als auch.

Stefan Manderscheid: Die Kunden kommen aus beiden Bereichen, wobei der B2B- beziehungsweise Objektbereich stark überwiegt.

Ein „typischer“ Sicherheitsfachhändler hat in der Regel mehrere Sortimentsschwerpunkte. Welche Produktbereiche sind aktuell eher rückläufig, welche Segmente stagnieren oder legen unter Umständen sogar noch zu?

Petra Neubert: Wir führen auch noch Sortimente eines „klassischen“ Eisenwarenhändlers, wie zum Beispiel Messer und Stahlwaren. Und wir bieten Schilder und Gravuren an. Diese Bereiche sind aktuell eher rückläufig. Alle anderen Sortimentsbereiche, die primär die Gebäudesicherheit betreffen, sind entweder auf dem gleichen Niveau wie im vorigen Jahr beziehungsweise hier konnten wir sogar noch zulegen.

Christian Huber: Aus unserer Sicht verlieren klassische Bereiche wie die mechanische Hausabsicherung und handwerklich aufwendige Leistungen – etwa das Einfräsen von Mehrpunktverriegelungen – zunehmend an Bedeutung und erfahren seltener die ihnen zustehende Wertschätzung. Im Gegenzug erwarten wir, nicht zuletzt im Hinblick auf das KRITIS-Dachgesetz, ein deutliches Wachstum bei digitalen Schließanlagen und in der Videotechnik.

Stefan Manderscheid: Das ist schwer zu sagen. Unser Unternehmen kommt aus der Mechanik, der USP war immer schon die Eigenfertigung von Schließanlagen jeglicher Größe. Dafür haben wir in einen entsprechenden CNC-gesteuerten Maschinenpark investiert. Der Schließanlagenbereich an sich ist mengenmäßig eigentlich nicht zurückgegangen. Aber teilweise werden die mechanischen Anlagen mittlerweile durch elektronische Komponenten ergänzt oder sogar abgelöst. Bezogen auf den Umsatz kann die Mechanik aufgrund der Preisunterschiede natürlich nicht mehr mithalten. Zurückgegangen sind aber hauptsächlich die mechanischen Absicherungen im privaten Bereich. Allerdings ist zu beobachten, dass es nach der „Coronaflaute“, wo alle zu Hause waren und viele Einbrecher keine „Arbeitsgrundlage“ mehr hatten, hier langsam wieder bergauf geht. Denn die Zahl der Einbrüche steigt wieder an und viele Privathaushalte investieren mehr in ihre Sicherheit.

Wie entwickeln sich beispielsweise der Bereich der elektronischen Zutrittskontrolle oder das Thema Smart Home allgemein?

Petra Neubert: Im Objektbereich verzeichnen wir hier eine deutlich zunehmende Nachfrage. Im privaten Bereich hingegen ist das Wachstum zwar eher noch niedrig, dafür aber stetig.

Christian Huber: Aus unserer Sicht nimmt wie bereits erwähnt der Bereich der elektronischen Zutrittskontrolle spürbar an Fahrt auf. Namhafte Hersteller leisten hier mit Fachvorträgen und Whitepapern wertvolle Aufklärungsarbeit – insbesondere im Hinblick auf KRITIS. Denn in vielen Bereichen der kritischen Infrastruktur sind nach wie vor große, rein mechanische Schließanlagen im Einsatz. SmartHome ist und bleibt ein spannendes Thema und ist insbesondere im privaten Hausbau kaum noch wegzudenken. Die Vielfalt an Lösungen ist enorm, aus unserer Sicht aber ein eigenes Fachgebiet, das zunehmend auch von spezialisierten Elektrofachbetrieben abgedeckt wird. Ich vertrete hier das Prinzip: Schuster, bleib bei deinen Leisten. Herausfordernd bis kritisch sehe ich vor allem die Kombination von zertifizierter Sicherheit (zum Beispiel nach VdS) mit Smart-Home-Systemen, die häufig viele Schnittstellen aufweisen, aber teils nur unzureichend gegen Zugriffe oder Manipulation geschützt sind. Spannend ist für uns hingegen die Chance, sicherheitsrelevante Systeme wie Gefahrenmeldeanlagen, Videoüberwachung oder Zutrittskontrollen über definierte Schnittstellen in bestehende Smart-Home-Lösungen zu integrieren.

Stefan Manderscheid: Wie schon erwähnt, entwickelt sich das Segment der elektronischen Absicherung sehr gut.

Gibt es Ihres Wissens im Kreise der Sicherheitsfachgeschäfte Unternehmen, die Probleme haben und die gegenwärtige Situation möglicherweise nicht unbeschadet überstehen werden?

Petra Neubert: Wenn man die klassischen Schlüsselschneidstellen mit Schuhreparatur einmal außen vorlässt, dann ist uns im Bereich der spezialisierten Sicherheitsfachgeschäfte eigentlich nichts in Sachen wirtschaftlicher Probleme bekannt.

Christian Huber: Nach meinem Eindruck haben die meisten mir bekannten Kollegen ihren Platz im Markt gefunden und sich gut aufgestellt. Schwieriger wird es dort, wo über längere Zeit nicht in moderne IT-Strukturen oder in regelmäßige Schulungen zu Produktinnovationen investiert wurde. Ohne diese Entwicklungen aktiv mitzugehen, wird es zunehmend schwer, wettbewerbsfähig zu bleiben.

Stefan Manderscheid: Ja, es gibt sicher einige kleinere Händler, die entweder nicht die Kunden oder aber die fehlende Kompetenz für Elektronik haben. Sofern sie keine Kompensationsmöglichkeit für den Wegfall der mechanischen Sicherungen haben, wird es sicher schwierig. Wir machen heute komplexe System, die bis in die Netzwerktechnik eingreift. Ein guter und erfolgreicher Sicherheitsfachhändler muss meiner Meinung nach heute fast schon so etwas wie ein IT-Dienstleister sein.

Ein ganz anderes Thema ist die Unternehmensnachfolge. Bei vielen mittelständischen Unternehmen steht in den nächsten Jahren ein Wechsel an der Spitze an. Im Handwerk werden sicher einige Unternehmen verschwinden, da es keine Nachfolge gibt. Wie sieht es im Sicherheitsfachhandel und konkret bei Ihnen aus?

Petra Neubert: Ja, auch in unserer Branche ist die Unternehmensnachfolge ein großes Thema. Viele sind hier noch auf der Suche nach der richtigen Lösung. Ich habe das große Glück, dass ich mein Unternehmen 2027 an meine Schwiegertochter übergeben werde und die Nachfolge damit gesichert ist.

Christian Huber: Diese Einschätzung teile ich grundsätzlich, denn auch in unserer Branche ist der Generationswechsel ein Problem im Sinne der fehlenden Nachfolge.Bei uns war der Generationswechsel von Anfang an geplant. Ich bin vor rund fünf Jahren ins Unternehmen eingetreten und habe mich zunächst intensiv in die Abläufe und die Branche eingearbeitet, um die nötige fachliche Kompetenz von Grund auf zu erlangen. Unter anderem durch meine Tätigkeit in der Projektleitung und als Servicetechniker. Vor rund drei Jahren habe ich dann erste Anteile übernommen und in der Folge auch verschiedene Firmenprozesse neu strukturiert. Zum 31.12.2024 schließlich hat mein Vater, Ludwig Huber, das Unternehmen offiziell an mich übergeben, und seit dem 1.1.2025 bin ich Geschäftsführer. Natürlich ist er weiterhin gelegentlich in der Firma präsent und steht uns mit Rat und Tat zur Verfügung.

Stefan Manderscheid: Mit dem Thema der Nachfolge haben wir alle irgendwie zu kämpfen. Momentan hat mein 15-jähriger Sohn großes Interesse, die Firma zu übernehmen. Aber bis es tatsächlich soweit ist, wird sprichwörtlich noch viel Wasser den Rhein herunterlaufen. Ich halte es daher ein wenig wie mein Vater, der es mir überlassen hat, die Firma zu übernehmen oder etwas ganz anders zu machen. Meine Ausrichtung ist daher eher so, dass ich das Unternehmen interessant halte und schaue, was passiert. Schließlich habe ich ja noch ein paar Jahre. Und im Zweifel ist ein gut laufendes und spezialisiertes Sicherheitsfachgeschäft immer auch für andere Käufer interessant.

Interkey-Fachtagung in Bremerhaven.
Das Thema Nachfolge ist bei Petra Neubert (r.) geregelt. Das Sicherheitsfachgeschäft wird 2027 von Schwiegertochter Swetlana Schmidt-Neubert weitergeführt. (Quelle: Neubert)
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Zu Beginn des Jahres hat Christian Huber den Sicherheitsfachhandel von seinem Vater übernommen. (Quelle: Huber Schließtechnik)
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Stefan Manderscheid ist unter anderem auch im Vorstand des Fachverbandes Interkey tätig. (Quelle: Stefan Manderscheid)
zuletzt editiert am 16. September 2025