André Wittenberg: Der Unternehmer leitet seine eigene Media Agentur und verfügt über 15 Jahre Erfahrung in der IT und im Online-Marketing. Als zertifizierter Google, Facebook & Microsoft-Experte hilft er kleinen und mittelständischen Unternehmen dabei, Arbeitsabläufe zu vereinfachen, automatisieren und digital abzubilden. Sein Team und er haben sich zum Ziel gesetzt, Deutschland aus der Krise zu helfen und für die Digitalisierung stark zu machen. (Quelle: Witenberg Media)

Fachhandel 2021-03-28T22:00:00Z Interview mit André Wittenberg von Wittenberg Media

Dies ist die komplette Version des Interviews, das in der Schloss+Beschlagmarkt-Ausgabe 4/21 auf Seite 21 angekündigt wurde.

Herr Wittenberg, Sie als Geschäftsführer der Online-Marketing-Agentur Wittenberg Media, beraten und helfen bei der Digitalisierung kleiner und mittelständischer Unternehmen. Wie würden Sie den Grad der Digitalisierung generell bei kleinen und mittelständischen Unternehmen bewerten?

Vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen ist es noch nicht mal klar, was überhaupt die Digitalisierung für sie bedeutet. Sie fühlen sich im Dschungel der ganzen Angebote verloren und verzichten deshalb darauf ihr Unternehmen digital voranzubringen und ihre Dienstleistung attraktiver zu gestalten und Arbeitsprozesse zu vereinfachen.

Oft denken die Unternehmen dann mit einer einfachen Webseite, einem Instagram Account oder einer Facebook Fanpage sind sie bereits digital aufgestellt. Das kann sogar, wenn man es auf die Spitze treibt, zu Mitarbeiter- und Kundenunzufriedenheit sorgen.

Der Grad der Digitalisierung ist bei den meisten Unternehmen sehr gering bis niedrig. Hier muss noch ganz viel Aufklärung betrieben werden.

Viele Unternehmer sind der Meinung, dass Digitalisierung ein Thema ist, das nur große Firmen und Konzerne betrifft. Warum ist dies ein Trugschluss?

Allerdings ist das ein Trugschluss. Damals war es so, dass man tatsächlich teure Softwarelösungen einkaufen musste oder auch spezielle IT System Administratoren einstellen musste, um das Unternehmen zu digitalisieren. Dazu kamen eine große Serverinfrastruktur und die Wartung bestimmter Systeme. Meist war das sehr teuer und für viele Unternehmen nicht rentabel. Heute ist es so, dass es sehr viele Tools und Programme gibt, um Prozesse zu digitalisieren. Diese sparen eine Menge Zeit und sorgen für mehr Umsatz. Mittlerweile ist da eine Investition erschwinglich. Gerade weil man heutzutage weiß, dass danach nachweislich mehr Umsatz erzielt wird.

Kleine und mittelständische Unternehmen sind ein ganz wichtiger Bestandteil unserer Wirtschaft, stecken aber oft vom Digitalisierungsgrad her gesehen noch in den Kinderschuhen.

Wo beginnt die Digitalisierung? Und wo endet sie?

Um eines ganz klar vorweg zu sagen: Digitalisierung bedeutet nicht, dass irgendwelche Roboter unsere Arbeit übernehmen. Letztendlich ist es immer noch sehr wichtig, den 1:1-Kontakt mit dem Menschen direkt zu haben. Man kann, wenn man möchte, seine gesamten Strukturen im Unternehmen digitalisieren, natürlich muss man genau schauen, wo es Sinn ergibt. Es gilt zielführend und mit Augenmaß vorzugehen.

Sie können zu geringeren Kosten mehr Umsätze in kürzester Zeit erwirtschaften. Es gibt tatsächlich keine Einschränkung: Egal ob Sie Maler, Bäcker, Softwareentwickler oder ein Produktionsunternehmen sind.

Beispiel “Wissen im Unternehmen digitalisieren”: Große Konzerne machen es täglich. Nichts wird 2x erklärt oder durchgeführt. Neben einer digitalen Buchhaltung, die viel Zeit spart, kann man eine Ebene weiter Denken. Wie wäre es, wenn Sie wirklich alle Prozesse in Ihrem Unternehmen in Form von Text und Video abbilden und leicht und einfach konsumierbar machen? Sei es für Kunden aber auch Mitarbeiter? Sprich ein System um Ihr Unternehmen bauen…

Wo finde ich das Werkzeug? Wie reiche ich Urlaub ein? Wie verhalte ich bei einem Kunden? Wie verkaufe ich bei einem Kunden? Wie funktioniert das Produkt? Worauf muss ich achten? Was mache ich, wenn A absagt?

So einen systematisierten Betrieb können Sie leicht jemanden übergeben/verkaufen oder gar in den Urlaub gehen, ohne schlechtes Gewissen zu haben. Weiterhin sparen Sie sich viele Meister- und Chefstunden ein. Es ist nichts anderes, als immer wiederkehrende Prozesse zu analysieren zu standardisieren zu systematisieren und anschließend zu digitalisieren. Die Ergebnisse für sich und seinen Kunden werden einfach besser.

Weiteres Beispiel: Als erfolgreicher Unternehmer weiß man, dass es wesentlich einfacher und preiswerter ist, einem Bestandskunden etwas zu verkaufen, als einen Neukunden zu gewinnen. Nur fehlt es den meisten einfach an Zeit, ständig mit seinen Kunden in Kontakt zu bleiben. In der Vergangenheit gab es einfach keine Systeme und Prozesse, die in der Lage gewesen wären, dass Sie mit hunderten Bestandskunden, die einen unterschiedlichen Bedarf haben und eine unterschiedliche Problemlösung brauchen, so individuell, so zeitnah und so herzlich und persönlich kommunizieren, dass sich diese eingeladen fühlen, immer und immer wieder zu kaufen. Jetzt hat ein Kunde bei seinem Einfamilienhaus alle Türen und Fenster mit einem bestimmten Beschlag gegen Einbruch absichern lassen. Dieser Kunde ist bei Ihnen digital in einem Kundenmanagementsystem angelegt. Nachdem der Auftrag abgeschlossen ist, bekommt der Kunde digital einen sogenannten virtuellen  Tag (IT-Sprache für Aufkleber, Markierung, wird englisch ausgesprochen).

Sobald der Kunde diesen Tag hat, schickt das System automatisch eine E-Mail und bedankt sich für die sehr gute und reibungslose Zusammenarbeit etc. – drei Tage später bekommt dieser Kunde automatisch eine Erinnerung, dass man das Unternehmen bei Google bewerten kann.

Der Kunde bewertet das Unternehmen positiv und automatisch steigt das Unternehmen im Ranking. Weitere zwei Wochen später bekommt der Kunde weiteren Information zum Thema Sicherheit rund ums Haus vom Unternehmen zugesendet. Allein durch diesen Bewertungsprozess wird das Unternehmen regional besser wahrgenommen und gewinnt mehr Aufträge und neue Mitarbeiter.

Man kann jetzt ein System einstellen, welches dem Kunden nach wenigen Wochen weitere Informationen zu zusendet und das völlig automatisiert und ohne viel Aufwand und Arbeit. Dann ist es irgendwann an der Zeit, beispielsweise seine neue Alarmanlage vorzustellen und nochmal genau zu zeigen, welche Vorteile man mit einem Sicherheitssystem hat. Gerade in Verbund mit den Beschlägen welche der Kunde bereits nutzt.

Wenn alles nach Plan läuft, meldet sich der Kunde und möchte nur aufgrund der Erinnerungsmails die Alarmanlage dazu haben. Der Kunde hatte bereits Vertrauen zum Fachhändler beziehungsweise Erreichter und ohne viel Arbeit hat der Kunde sich nur durch die E-Mails für ein weiteres Produkt entschieden.

Ein weiterer Prozess, den man abbilden kann, ist zum Beispiel das Weiterempfehlen. Gewinnen wird derjenige, der in den Köpfen seiner Zielgruppe bleibt.

Welche Vorteile bringt die Digitalisierung kleinen und mittelständischen Unternehmen?

Planbarkeit und Wachstum durch kaufbereite Kundenanfragen und qualifizierte Mitarbeiter durch Prozesse und Systeme Belege, E-Mails und weitere Informationen immer einsehbar, egal von welchem Ort. Dazu die Möglichkeit fast jeden Menschen auf der Welt in wenigen Sekunden zu erreichen.

Einsparungen im Verwaltungsaufwand von 40 bis 60 Prozent. Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz, da der Gewinn steigt bei weniger Zeiteinsatz. Steigerung der Zufriedenheit und Interesse neuer Kunden und Mitarbeiter. Bestehende Mitarbeiter werden entlastet, auch durch weniger Einarbeitungszeit.

Welche Veränderungen in den Arbeitsprozessen bringt die Digitalisierung mit sich?

Die voranschreitende Digitalisierung wird die Arbeitswelt verändern und dies auf verschiedene Weise: Auf der einen Seite werden neue Geschäftsmodelle und Wettbewerbsstrukturen entstehen, auf der anderen Seite werden sich Arbeitsinhalte und die Organisation von Produktions- und Arbeitsprozessen verändern.

Die Gestaltung der Arbeitsplätze kann und wird sich sehr verändern – auch in Richtung Homeoffice Crowdworking, flexible Arbeitszeiten etc. Es muss entschieden werden, auf welcher Ebene die neu entstandenen Herausforderungen zu lösen sind.

Gibt es branchenspezifische Unterschiede bei den Digitalisierungsprozessen?

Definitiv gibt es Unterschiede in den Branchen. Dabei spielen unter anderem regionale und finanzielle Gründe eine Rolle. Nicht zu vergessen ist natürlich das Kerngeschäft. Wenn es der Digitalisierung ähnelt, ist es natürlich einfacher Zugang zu finden. Gerade in der aktuellen Pandemie kann man sehen, wie kostbar digitale Technologien und eine digitale Infrastruktur für den Mittelstand sind. In so vielen Betrieben kann der Alltag nur aufrechterhalten werden, weil es die Videotelefonie, das Home-Office und die Cloud gibt.

So kann eine gewisse Flexibilität und Konnektivität erreicht werden, die ohne digitale Medien kaum aufrechtzuerhalten wäre. Es gibt Umfragen die belegen, dass es deutliche Branchenunterschiede bei der digitalen Transformation gibt. Spitzenreiter Bereich EDV/IT: 91,8 Prozent der befragten Unternehmen sind grundsätzlich bereit, digitale Technologien zu nutzen und Ihre Unternehmensprozesse anzupassen. Gefolgt vom E-Commerce (Onlinehandel): Die Digitalisierungsbereitschaft liegt immerhin noch bei 90,9 Prozent.

Handwerk: Hier sind gerade einmal 65 Prozent der Unternehmen bereit, digitalen Technologien eine Chance zu geben. Das bedeutet, dass 35 Prozent solcher Neuerung sehr skeptisch sind. Zudem gibt es tatsächlich auch noch klare regionale Unterschiede. Während westdeutsche Unternehmen grundsätzlich positiv auf die Digitalisierung reagieren, herrscht in ostdeutschen Betrieben noch eine recht große Skepsis.

Oft wird geglaubt, dass Digitalisierung Arbeitsplätze kostet. Ist das so?

Oh, das streiten sich auch die Experten. Ja, es werden Zeit und Ressourcen eingespart, die aber an anderen Stellen wieder effektiver und optimaler genutzt werden können. Ich denke, dass 95 Prozent der Angestellten durch eine entsprechende Umschulung wieder neue und größtenteils besser bezahlte Stellen bekommen können.

Es ist jetzt ganz wichtig, die kommende Digitalisierung ernst zu nehmen und Umschulungen zu machen, damit man dem neuen Markt gewachsen ist. Sicher fallen Arbeitsplätze weg. Aber es gibt genauso viele neue Chancen. Es bringt nur nichts, sich mit Händen und Füßen zu wehren. Und wie schon erwähnt, ist meiner Meinung nach, die gute Mischung das Geheimrezept.

Digitale Transformation ist im Moment das Stichwort für Wachstum und Veränderung, die jedes Unternehmen ohne Ausnahme trifft. Die Digitalisierung und die damit verbundenen Aktivitäten sind oft eng mit einer Einführung eines neuen ERP-Systems (Enterprise-Resource-Planning bezeichnet laut Wikipedia die unternehmerische Aufgabe, Ressourcen wie Kapital, Personal, Betriebsmittel, Material und Informations- und Kommunikationstechnik im Sinne des Unternehmenszwecks rechtzeitig und bedarfsgerecht zu planen, steuern und verwalten) verbunden.

Es ist entscheidend zu verstehen, was Digitalisierung überhaupt bedeutet und welche Auswirkungen sie hat. Dies sorgt dafür das Unternehmer und Führungskräfte Ideen entwickeln, wie man Wertschöpfung im Unternehmen hält und neue Geschäfte und Erträge zu erzielt.

zuletzt editiert am 27. April 2021