Das Unternehmen Winkhaus hat nach eigenen Angaben zum 1. August 2025 die nächste Phase seiner langfristigen Strategie eingeläutet: Die Aug. Winkhaus SE & Co. KG firmiert seitdem unter Aug. Winkhaus SE (Societas Europaea). Mit diesem Schritt will der Hersteller den Entwicklungen der vergangenen Jahre Rechnung tragen und sich noch deutlicher als europäisch ausgerichtetes Unternehmen positionieren. Wir sprachen mit Tilmann Winkhaus, Geschäftsführender Gesellschafter Aug. Winkhaus SE, über die Strategie des Unternehmens und den Markt in Deutschland.
Herr Winkhaus, Ihr Unternehmen richtet sich mit der Umfirmierung europäischer aus. Wie hoch ist aktuell der Exportanteil des Unternehmens?
Der Exportanteil liegt derzeit bei etwa 60 Prozent. Das zeigt, welche Bedeutung auch die internationalen Märkte für uns haben.
Welche Länder haben sich in den vergangenen Jahren besonders stark entwickelt beziehungsweise in welchen Ländern boomt der Bau gerade besonders und verspricht gute Geschäfte?
Vor allem der osteuropäische Markt hat sich positiv entwickelt – insbesondere Polen. Einen richtigen Bauboom erleben wir in Europa derzeit allerdings nicht.
Werden in den Ländern Europas andere Produkte gewünscht als hierzulande, beispielsweise deutlich mehr Elektronik?
Dass im Ausland elektronische Produkte deutlich nachgefragter sind, können wir nicht bestätigen. Es gibt allerdings von Land zu Land abweichende Anforderungen. Das liegt dann vor allem an länder- und marktspezifischen Gegebenheiten.
Vertreibt Ihr Unternehmen in den europäischen Ländern über die Tochtergesellschaften ebenfalls an Handelspartner oder ist der Vertrieb dort anders ausgerichtet als in Deutschland?
Das ist von Land zu Land unterschiedlich. In Deutschland setzen wir auf eine enge und langjährige Partnerschaft mit dem Handel. In Polen ist hingegen beispielsweise der direkte Kontakt zum Verarbeiter entscheidend. Wir richten unsere Vertriebswege also flexibel nach den Marktgegebenheiten aus.
In Polen befindet sich eine Fertigung für Fenstertechnik. Produzieren Sie dort Beschläge für den osteuropäischen Markt oder sind die Fensterbeschläge für den deutschen Markt bestimmt?
Mit den Produkten aus unserer modernen Fertigung in Polen beliefern wir vor allem die osteuropäischen Märkte. Einige Teile sind allerdings auch für Westeuropa bestimmt.
Planen Sie weitere Produktionsstandorte in anderen Ländern oder möglicherweise Übernahmen beziehungsweise Beteiligungen an dort ansässigen Unternehmen?
Aktuell konzentrieren wir uns auf organisches Wachstum. Mit unseren bestehenden Produktionskapazitäten, die wir durch Investitionen in Polen noch einmal erhöht haben, sind wir gut aufgestellt. Deshalb planen wir derzeit keine zusätzlichen Erweiterungen.
Ist das Thema Preisdruck in anderen Ländern Europas ebenso stark ausgeprägt wie in Deutschland – und falls ja, welche Antwort haben Sie darauf?
Ja, der Preisdruck ist in ganz Europa spürbar. Auch wenn unsere Produkte nur einen geringen Einfluss auf den Endpreis eines Fensters haben, ist die Sensibilität beim Beschlag sehr hoch. Unsere Antwort darauf ist ein umfassendes Leistungsangebot. Wir liefern nicht nur qualitativ hochwertige Produkte, sondern bieten unseren Kunden auch zusätzliche Lösungen, die ihnen helfen, ihr Geschäft effizienter zu gestalten. Das schafft an verschiedenen Stellen einen Mehrwert.
Blicken wir noch kurz auf den deutschen Markt. Wie wird sich die Nachfrage nach elektronischer und mechanischer Schließtechnik Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren entwickeln?
Das Sicherheitsempfinden der Menschen steigt kontinuierlich – darin sehe ich ein großes Potenzial für unsere Branche. Sobald sich der Investitionsstau in der Baubranche löst und das Vertrauen in die deutsche Wirtschaft zurückkehrt, wird auch die Nachfrage wieder zunehmen. Wir beobachten schon heute ein wachsendes Interesse an elektronischen Schließanlagen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass mechanische Lösungen auf absehbare Zeit weiterhin den größeren Marktanteil behalten werden.
Welche Rolle spielen dabei der Baubeschlaghandel und Sicherheitsfachgeschäfte – wird ihre Bedeutung für den Bereich der Schließtechnik eher zu- oder eher abnehmen?
Der Baubeschlaghandel ist als Komplettsortimenter und kompetenter Ansprechpartner für Fenster- und Türenbauer unverzichtbar. Wenn diese Verantwortung weiterhin gelebt wird, sehe ich für den Handel auch in Zukunft eine zentrale Bedeutung im Markt. Das Gleiche gilt für das Sicherheitsfachgeschäft.
Winkhaus hat bereits im vergangenen Jahr erste Schritte für eine umfassende Weiterentwicklung des inhabergeführten Unternehmens eingeleitet. Die Umfirmierung zur Europäischen Aktiengesellschaft unterstreicht dabei die wachsende Bedeutung der europäischen Märkte für den Anbieter. Gleichzeitig gewährleistet der Vorgang einheitliche, zukunftsfähige Strukturen für die internationale Ausrichtung des Unternehmens. Neben den vier Standorten in Deutschland ist die Aug. Winkhaus SE europaweit mit neun Tochtergesellschaften präsent und bietet somit maßgeschneiderte und länderspezifische Lösungen für ihre Kunden.
Diesen Beitrag finden Sie auch in der Ausgabe 4/2025 des M&T Schloss + Beschlagmarkt, die Ende November erschienen ist.
